Wir sind heute spät losgekommen, aber das ist eigentlich egal, weil die Anlage zu dir fahren wollen, ohnehin erst um 12:00 Uhr aufmacht. Das Wetter heute ist sehr schön, es sind gerade mal 21° und blauer Himmel.
Wie neulich sind auch heute die Straßen sehr leer. Es sind kleine Landstraßen, aber sie haben so gut wie kein Schlagloch und man fährt wunderbar durch eine hügelige Landschaft mit vielen Kurven. Ab und zu kommen wir durch kleine Dörfer, die fast alle eine Wehrkirche haben und überall sieht man Störche mit Jungtieren.
Video: https://youtu.be/qkWDdJMJdJM?si=u81q_wmuONoNoltb
Es ist eine sehr liebliche Landschaft, und es macht unheimlich viel Spaß hier durch zu fahren. Ab und zu sieht man Hunde auf der Straße, die ein schwarz-weiß schmutziges Fell haben und auch die Größe eines kleinen Wolfes.
Man kann die Lieblichkeit dieser Landschaft kaum beschreiben. Diese perfekten Straßen wären natürlich auch ein Paradies für Motorradfahrer, weil man die Kurven wegen der fehlenden Bodenwellen und Schlaglöcher toll fahren kann. Bezaubernd finde ich auch die Störche, die überall auf ihren Nestern auf den Strommasten sitzen und ihre Jungen füttern.
Unser Ziel heute war, das Castelu de Lut. Ein hochgelobtes, mystisches Märchenschloss, das aus Lehm gebaut sein soll. Als wir ankamen, wurden wir dann mit der grausamen Realität konfrontiert. Eine Touristenfalle!
Es ist kein Schloss, sondern im Prinzip einzelne Bauten, die an Hobbit-Höhlen erinnern Und die wohl mal zu einem Hotel ausgebaut werden sollen.
Alles ist neu und angeblich sehr umweltfreundlich gebaut. An der Pforte gibt es ein kleines Häuschen, wo der Eintritt kassiert wird. Man zahlt 70 Leu pro Person und kann dann das Eintrittsticket gegen etwas zu essen umtauschen.
Man zahlt also eher das Essen, als die Besichtigung. Ich habe natürlich gefragt, ob ich sie einfach so reingehen kann, wenn ich nichts essen will, aber das ging natürlich nicht.
So haben wir uns dieses „Schloss“ mal angesehen und haben den Eintrittspreis einfach mal als Lehrgeld verstanden
Wie so oft ist der Weg das Ziel. Die Fahrt hierher war super schön und die Rückfahrt wird es bestimmt auch.
In Agnita (Agnetheim) machten wir einen kurzen Halt und sahen uns die Kirchburg an. Als erstes waren wir in dem Schmiedeturm, der von den Schmieden, Schlosser, Seiler und Riemern errichtet worden war. Interessanterweise trug er auch den Namen Hottentottenturm, weil derzeit viele Nachrichten aus Deutsch Südwestafrika von den dortigen Burgenkriegen hier ankamen.
Daher haben die Leute diesen exotischen Namen übernommen. Die Kolonisten hatten damals die einheimischen entweder Buschmänner genannt (heute sind das die San) oder eben Hottentotten, das sind die Nama.
Schließlich tauchte doch noch jemand auf und öffnete uns die Türen. Es gab ein kleines Museum und die wunderschöne kleine Kirche.
In dem Museum dort auch berichtet, wie die Siebenbürgener Sachsen den Ort verlassen haben.
Die rumänische Regierung (Ceausescu) hat ein Vertrag mit den Deutschen geschlossen und hat einen Kaufpreis (Lösegeld) festgelegt. Diese Vereinbarung wurde immer wieder geändert und bestand bis 1989. Die Deutschen haben Spitzenpreise gezahlt für jeden, der zurück in die Heimat wollte. Ein Mensch mit Universitätsabschluss kostete 12.000 DM, ein Abiturient 10.000 und alle anderen 8000 € pro Kopf.
Eine Besonderheit hier im Ort ist der Urzel, auch als Lola bekannt. Er erscheint nur einmal im Jahr, gegen Ende des Winters. Man kann ihn weder überhören, noch übersehen dafür ist er zu hässlich und zu laut.
Meistens tritt er in kleinen Rudeln auf, manchmal aber auch in einer größeren Parade. Die Gestalt fußt auf einem alten Handwerksbrauch.
Viel Prominente haben sich mit dem Urzel fotografieren lassen.
Dann ging es hoch in den Glockenturm. Eine endlose Reihe von Leitern führte mich immer höher, und begleitet wurde das Ganze von dem Pfeifen der Ratten. Oben angekommen konnte man dann die Glocken sehen, insgesamt vier Stück, heute mit einer Betätigung durch Elektromotoren, die die Hämmer betätigten.
Ein Stellmotor hämmert, ein anderer schwingt die Glocke hin und her, um den Schall gleichmäßig zu verbreiten. Der Blick von hier oben ist natürlich gigantisch. Man blickt auf die Stadt die umliegenden Wälder und sieht ganz hinten die Karpaten. Überwältigend!
Im Hintergrund die mächtigen Karpaten!
Nach einer Pause sind wir dann durch dieses schöne Land, immer mit den Karpaten im Blick, nach Sighisoara zurückgefahren.
Video: https://youtu.be/ShSeHdTdHow?si=CjJ9vzAk408F16Wy
Abends haben wir uns dann noch kurz mit Daniel getroffen. Ich habe ihn 2021 bei meiner ersten Rumänien-Reise kennengelernt und seitdem halten wir den Kontakt. Es wR schön, ihn wiederzusehen und wir haben uns bei einem Bier nett unterhalten. Er kann viel über das Land und die Leute, das Essen und die Kultur erzählen. Und das alles in perfektem Deutsch. Sicherlich einer der Gründe, warum mir der Ort so sympathisch ist!
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